Eine sportliche Zeitreise ...
Der Bau eines öffentlichen zentralen Stadions wurde seitens der Stadt Wien schon 1915 ins Auge gefasst. Es nach prunkvollen Entwürfen zu bauen, etwa beim Schloss Schönbrunn mit monumentaler Fassade, oder die Errichtung eines Stadions mit Schwimmbad und Autorennbahn am Fasangarten wurde verworfen. Seitens der Stadtregierung war man sich aber einig, dass das neue Stadion ein Musterbau für den Sport werden sollte. Das Stadion sollte die verschiedensten sportlichen Interessen unter einen Hut bringen – allen voran die der Fußballer, Radfahrer und Leichtathleten.
Schließlich nahm die Stadt Wien die "Zehnjahresfeier der Ausrufung der Republik" zum Anlass, den Grundstein für das Stadionprojekt zu legen. Der Granitblock, der als Grundstein dienen sollte, wurde zunächst provisorisch in der Prater-Hauptallee aufgestellt. Denn man war noch immer unschlüssig, wo dieses Stadion einmal stehen sollte – im Augarten, am Cobenzl, auf der Hohen Warte oder im Prater. Hohe Warte und Prater waren einander jedenfalls ebenbürtig, denn dort hatte immerhin die Geschichte des Wiener Fußballs begonnen. Das allererste offizielle Fußballmatch in Wien wurde am 25. November 1894 auf der Jesuitenwiese zwischen den beiden Vereinen "Vienna Cricket and Football Club" (der späteren Austria Wien) und dem "Vienna Football Club" (kurz "Vienna" genannt) ausgetragen. Es endete mit einem 4:1 für die "Heimmannschaft".
Bei der Debatte um den Standort machte letztendlich der Prater das Rennen. Wahrscheinlich, weil sich der Grundstein schon dort befand. Am 11. Mai 1929 beschloss der Wiener Gemeinderat einstimmig den Bau des Stadions im Wiener Prater.
Stadioneröffnung im Rahmen der Arbeiterolympiade 1931
Das Wiener Stadion war von Beginn an als Österreichisches Nationalstadion konzipiert. Ein deutscher Architekt, Otto Ernst Schweizer, entschied den Ideenwettbewerb für sich. Er konzipierte nicht nur eine Sportarena, sondern zugleich ein multifunktionales Sportzentrum mit Badeanlage, Radrennbahn, Freilichtbühne, Tennis- und Trainingsplätzen, Turnhallen, einer Sportschule mit Hörsälen und Bibliothek. Auch wenn nicht alles Geplante realisiert wurde, so waren die Zeitgenossinnen und Zeitgenossen doch beeindruckt.
Am 11. Juni 1931 war es dann soweit. Nach 23-monatiger Bauzeit wurde das Wiener Stadion mit der II. Arbeiterolympiade feierlich eröffnet. Gleichzeitig wurden das Stadionbad und eine Freiluft-Radrennbahn, die Vorläuferin des Ferry-Dusika-Hallenstadions, in Betrieb genommen. Zu dieser Massensportveranstaltung reisten mehr als 100.000 Menschen aus ganz Europa und Übersee nach Wien. 117 Bewerbe, von Leichtathletik bis Wasserball, wurden im Laufe von nur einer Woche ausgetragen. Die Entscheidungskämpfe im Handball und Fußball wurden (mit Erfolgen für Österreich) von 65.000 begeisterten Zuschauerinnen und Zuschauern im neuen Stadionjuwel live mitverfolgt. Das Wiener Stadion hatte seine Feuertaufe mit Bravour bestanden und war bereit für die große Zeit des österreichischen Fußballs.
Besucherrekord gegen die UdSSR
In der Nachkriegszeit riefen Sportveranstaltungen – allen voran Fußball-Matches, Boxkämpfe und Speedway-Rennen – in Wien großes Interesse wach. Die erhöhte Nachfrage machte eine Erweiterung des Wiener Stadions dringend nötig. 1956 wurde die Praterarena um einen dritten Rang aufgestockt und fasste nun 91.150 Personen. Gleichzeitig wurde eine Flutlichtanlage mit vier Masten errichtet. Die Eröffnung dieser Riesenanlage fand anlässlich des Europacupspiels Rapid gegen Real Madrid statt. Ernst Happel schoss damals alle drei Tore beim glanzvollen 3:1 Sieg der Wiener.
1959 wurde der Umbau des Wiener Stadions zu einer modernen Mehrkampfbahn abgeschlossen. Es bewältigte Rekordbesucherzahlen, die jede Erweiterung rechtfertigten: So strömten am 30. Oktober 1960 über 90.000 Zuschauer in das Betonoval, um einem 3:0-Erfolg der österreichischen Nationalmannschaft gegen Spanien beizuwohnen. Einen bis heute für Wien unerreichten Besucherrekord brachte das Spiel gegen die UdSSR, das vor 90.726 Zuschauerinnen und Zuschauern mit einem 3:1-Sieg der Österreicher endete.
In den Jahren danach reduzierte man die Stehplätze zugunsten der Sitzplätze, wodurch der Fassungsraum wieder auf 72.200 Plätze verringert wurde.
Generalsanierung und neuer Name
Im Jahr 1984 wurde mit einer umfangreichen Generalsanierung des Wiener Praterstadions begonnen. Tragwerke und Oberflächen wurden saniert, die Sitzanlagen erneuert. Herzstück des Großbauvorhabens war eine Gesamtüberdachung nach dem so genannten Knotenpatent (Frantl, Hofstätter, Zemler und Raunicher). Mit einem Überhang von zirka 50 Metern zur Stadionmitte hin gehörte das elliptische Dach zu einem der weitgespanntesten der Welt (277 Meter auf 223 Meter). Ganz neu wurde auch die Flutlichtanlage gestaltet, die nicht mehr aus Masten besteht, sondern in die neue Überdachung integriert ist. Das Fassungsvolumen wurde damals auf 60.000 Personen - nur Sitzplätze - reduziert. Aufgrund der Vorschriften der UEFA mussten 1994 die Sitzbänke durch Einzelsitze ersetzt werden, wodurch sich das Fassungsvermögen nochmals auf 50.000 Sitzplätze verringerte.
1993 wurde das Praterstadion in Ernst-Happel-Stadion umbenannt. Ernst Happel (1925 bis 1992) war nach einer eindrucksvollen Spieler- und Trainerlaufbahn selbst in seinem letzten Lebensjahr noch Trainer der österreichischen Nationalmannschaft.
Adaptiert für die Fußball-EM 2008
Das Ernst-Happel-Stadion wurde für die 13. Fußball-Europameisterschaft UEFA EURO 2008TM, die Österreich gemeinsam mit der Schweiz ausrichtete, neu adaptiert. Besucherinnen und Besucher profitieren seither von einem elektronischen Zutrittssystem, einer zusätzlichen Sitzreihe, einer umgebauten Ehrenloge und einem VIP Club. Und dank einer neuen Anzeigentafel und neuer Flutlichtanlage mit 1.400 Lux kann jedes Spiel nun noch besser mitverfolgt werden. Ebenfalls wurde ein neues Mediengebäude errichtet.
Um einen reibungslosen Ablauf bei diesem Großevent und auch für die Zukunft zu garantieren, wurde eine neue Sicherheitszentrale gebaut.
Für das leibliche Wohl sorgt der neu adaptiere Gastronomiebereich im 2. und 3. Rang. Darüber hinaus wurden alle Sanitäranlagen modernisiert.